|
|
|
Liebe Melodiven, Freund*innen & Musikinteressierte,
hier kommen die CD-Tipps mit einer geballten Ladung weiblicher* Kreativität und Experimentierfreude quer durch die (deutsche) Musikszene. Hierzulande scheint es durch die Tourverschiebungen ausländischer Künstler*innen endlich eine größere Chance für lokale Musiker*innen und Bands zu geben, für Konzerte und Festivals gebucht zu werden. Doch der ohnehin kurze Open Air-Sommer ist bald vorbei und allzu viel Livemusik wird in Herbst & Winter nicht möglich sein. Darum freuen wir uns um so mehr, dass die Fabrik in Frankfurt die Türen für ein MELODIVA Club Concert öffnet: am 08.10.2020 könnt ihr dort die vielfach ausgezeichnete Jazzpianistin, Sängerin und Komponistin OLIVIA TRUMMER in einem Solokonzert erleben! Wer einen Platz ergattern möchte, kann hier ein Ticket reservieren (min. 2/max. 4 Tickets). Kommt vorbei, wir freuen uns auf euch! Und wer sich schon vorfreuen möchte: wir verlosen eine CD von ihr unter allen, die uns bis 20.09. folgende Gewinnspielfrage beantworten: "Welchen Song covert Kitty Solaris auf ihrem neuen Album?" Schickt uns die Antwort bitte per Mail mit dem Betreff "Verlosung". Auf bald & liebe Grüße von
Eurem MELODIVA-Redaktionsteam
|
|
|
|
|
THEMEN – AUSGABE SEPTEMBER 2020
1) SOPHIE HUNGER – „Halluzinationen“ (Electro | Pop | Jazz) 2) ALIN COEN – "Nah" (Pop | Singer-/Songwriter) 3) OUMOU SANGARÉ – „Acoustic“ (World) 4) JAZZ À LA FLUTE – “Essenza” (Jazz) 5) KITTY SOLARIS – “Sunglasses” (Electro | Pop) 6) SARA DECKER – “Poetryfied” (Jazz) +++ WEITERE REVIEWS AUF MELODIVA +++
|
|
|
|
|
|
1) SOPHIE HUNGER – „Halluzinationen“
Electro | Pop | Jazz (Deutschland) Bei wenigen Künstler*innen warte ich so sehr auf Neues wie bei der Schweizerin Sophie Hunger. Nach ihrem Umzug nach Berlin und ihrer CD „Molecules“ (2018), in der sie vom Folk- und Singer-/Songwriter-Genre in den Electropop gewechselt ist, legt sie mit "Halluzinationen" den konsequenten Nachfolger auf, der gar jazzige Anklänge hat. Er versammelt neben sieben englischsprachigen endlich wieder 4 deutsche Songs. Ihre Songskizzen an Klavier, Synthies und Drummachine entwickelte sie in Zusammenarbeit mit dem Produzenten Dan Carey in den Abbey Road Studios weiter, dann spielte die Band an zwei Tagen sechsmal das komplette Album von Beginn bis Ende im One-Take-Verfahren ein. Nichts durfte nachträglich verändert werden -„volles Risiko“, wie es Hunger nennt. Kein Wunder, dass das Album klingt, als hätte die Schöpferin im Fieberrausch gelegen. Es ist ein ruheloser, traumverlorener Trip mit unheimlich schönen, dunklen Pianoklängen, abgespaceten Synths, wummernden Bässen und nervösen Beats, mittendrin Hunger, die irgendwie verloren wirkt in dieser Welt und in sich selbst. Sie habe Halluzinationen, sagt Sophie Hunger in einem Interview. Sie sehe und höre oft etwas, das nicht da ist und nehme es dann auch noch auf, damit andere es sich anhören könnten. Ihre Inspiration schöpft sie aus dem Unterbewussten, manchmal ist es aber auch einfach nur ein Wort, das ihr gefällt. Meine Lieblingslieder sind schnell gefunden: das bittersüße „Security Check“ und das Schlusslied „Stranger“, nur mit Piano begleitet.
VÖ: 04.09.2020 | Caroline (Universal Music) | 10 Tracks | Infos
|
|
|
|
|
|
|
|
2) ALIN COEN – "Nah"
Pop | Singer-/Songwriter (Deutschland) Sieben Jahre mussten Fans auf ihr drittes Studioalbum warten, jetzt ist es endlich da und kommt uns wieder ganz „nah“. In nur sechs Tagen im Januar noch vor der Coronakrise in ihrer Wahlheimat Berlin aufgenommen, schöpft es aus dem Füllhorn der vielen Facetten, die eine Liebe in sich bergen kann: Gefühle und Empfindungen, die ausgesprochen manchmal schwer erträglich sind, weil sie Beziehungen so viel komplizierter machen. Ihre Gefühlswelten zeichnet Coen mal als stures Herz, mal als Liebe, die unter Trümmern begraben liegt oder auch als Mensch, der sich als nicht entflammbar entpuppt. Gleich zu Beginn beweist das Liebeslied „Du bist so schön“, dass ein Lied mehr sagen kann als gesprochene Worte. Auch im zweiten Solo der Platte („Die Gefahr“) erklingt die typisch-Coen’sche leise Melancholie, im dunklen „Beben“ dann in vollem Bandsound. Ein weiteres Highlight ist für mich der Song „Leichtigkeit“, in dem sich viele von uns wiedererkennen werden, die schon mal eine Beziehung geführt haben, die scheinbar unheilbar schwierig wurde: „Das Spektrum an Farben getränkt in meinem Grau | Der Himmel ist noch da, aber er leuchtet nicht mehr blau“. Zu Klavier und Akustikgitarre, die die gebürtige Hamburgerin beherrscht, kommen ihre langjährige Rhythmusgruppe und weitere Klangfarben wie Geige (Liv Solveig Wagner) und Cello (Philipp Thimm), die dem Song „Ultimatum“ einen kammermusikalischen Touch und mehr Drama verleihen. Die Releasetour musste auf April 2021 verschoben werden, derweil könnt ihr euch aber in ihrem neuen Webshop umschauen. VÖ: 28.08.2020 | Pflanz einen Baum | 12 Tracks | Infos
|
|
|
|
|
|
|
|
3) OUMOU SANGARÉ – „Acoustic“
World (Mali) Drei Jahre nach der Veröffentlichung ihrer letzten CD „Mogoya“ hat die malische Künstlerin die Songs jetzt nochmal und erstmals in einer Akustikversion veröffentlicht. Überredet hatte sie Nø Førmat!-Labelgründer Laurent Bizot, der ihrer ausdrucksstarken Stimme damit neuen Raum geben wollte. Oumou Sangaré, die sich in ihrer Heimat als Sängerin und Geschäftsfrau etabliert hat, wird in den 11 Songs von schönen Backing Vocals (Emma Lamadji, Kandy Guira), Gitarre (Guimba Kouyaté), Keyboard (Vincent Taurelle) und der westafrikanischen Laute ihres Cousins und langjährigen Bandkollegen Brahima „Benogo“ Diakité begleitet. Die unter Live-Bedingungen, also ohne Verstärker, zweite Takes, Overdubs oder Kopfhörer eingespielten Songs erzählen von den negativen Auswirkungen ihres Erfolgs - von Eifersucht, Groll und Betrug, denn in Mali wird sie oft als für zu frei, als zu sehr die Grenzen überschreitend und mit zu viel Glück gesegnet empfunden. Nicht zuletzt fehlt es ihr an Demut und Zurückhaltung, wie sie eigentlich von Frauen erwartet wird: seit den Anfängen ihrer Karriere Anfang der 90er spricht sie Themen an, die in der traditionellen Gesellschaft als Tabus gelten und prangert Zwangsehe, Polygamie und Genitalbeschneidung an. Zu den neuen Versionen der „Mogoya“-Tracks kommen zwei ältere Stücke hinzu: das wunderbar sanfte „Saa Magni“, in dem sie den Tod eines Förderers betrauert, und „Diarabi Nene“ aus ihrem ersten Album „Moussolou“, in dem sie von sinnlichen Begegnungen in ihrer Pubertät singt. Ein warmes World-Album, das hoffentlich auch von vielen Mädchen und Frauen in ihrer Heimat gehört wird. VÖ: 28.08.2020 | Nø Førmat! | 11 Tracks | Infos
|
|
|
|
|
|
|
|
4) JAZZ À LA FLUTE – “Essenza”
Jazz (Deutschland)
„Aus der reinen Spielfreude heraus“ entwickeln Isabelle Bodenseh (Flöte) und Lorenzo Petrocca (Gitarre) die Arrangements für ihr Konzertprogramm und lassen sich dabei nicht von Konventionen beirren. Auf ihrem neuen Album „Essenza“, dem zweiten im Duoformat (die beiden spielen auch in der 4köpfigen Formation Mrs. Bo’s Cookbook zusammen), geben sie Stücken von Chick Corea, João Bosco, John Coltrane, Bill Evans u.a. ein neues Gewand, das wunderbare Titelstück stammt von Petrocca selbst. Es ist spannend, wie die exzellenten Musiker*innen diese Stücke in Bandbesetzung lediglich zu zweit umsetzen, sie verschaffen ihnen eine neue Klarheit, reduzieren die komplexen Arrangements auf ihre Essenz. Mühelos tauschen sie die Rollen des „leading instruments“, sind untrennbar miteinander verbunden und übernehmen so die Funktion der Rhythmusgruppe gleich mit. Alles ist da, von atemberaubend schnellen Passagen zu gefühlvoll-ruhigen Stimmungen. Was Isabelle Bodenseh aus ihrem Instrument herauslockt, ist sagenhaft, ich habe selten so viele Klangfarben und Spielarten der Querflöte gehört! Lorenzo Petroccas warmes Gitarrenspiel ergänzt und begleitet sie perfekt. Ein stimmungsvoller, an Abwechslung reicher Soundtrack von Bossa Nova bis Jazz. VÖ: 04.09.2020 | GLM | 10 Tracks | Infos
|
|
|
|
|
|
|
|
5) KITTY SOLARIS – “Sunglasses”
Pop | Electro (Deutschland) Genau das zu tun, was frau will, unabhängig von den äußeren Gegebenheiten ihren Visionen zu folgen und einfach eine Platte zu machen, die Spaß macht – das dachte sich die Berliner Musikerin Kitty Solaris bei ihrem siebten Album. Dabei ist das sicherlich nicht erst seit gestern ihr Mantra. Als Produzentin/Labelchefin von Solaris Empire macht sie schon seit 12 Jahren ihr eigenes Ding und hat so unzähligen Künstler*innen wie Sofia Härdig, Kat Frankie und Pollyanna zu einem Label verholfen, insgesamt 60 Platten veröffentlicht. Für „Sunglasses“ hat sie sich mit dem australischen Produzenten Damian Press zusammengetan, um schon ein Jahr nach ihrer letzten Veröffentlichung „Cold City“ den Nachfolger an den Start zu bringen. Mit ihm hat sie sich auf eine elektronische Spielwiese begeben und ihren neuen Sound entwickelt, der Wave, Electronica und Dance verbindet. (Fast) keine Gitarren, nur Synthies, Beats und Effekte, ihr Sound zwinkert dabei mächtig den 80ern zu. Kein Wunder, dass Kirsten Hahn aka Kitty Solaris als einzigen Coversong Corey Hearts „Sunglasses At Night“ für ihre Platte ausgewählt hat. Die 11 Tracks sind kühl und lässig, mit ihren vielfach wiederholten Messages und gedoppelten und verfremdeten Vocals saugt sie uns unweigerlich in ihren urbanen Berliner Underground- und Disco-Flow, in der wir einfach mal für eine Weile die Sorgen unserer Zeit vergessen können. VÖ: 18.09.2020 | Solaris Empire | 10 Tracks | Infos
|
|
|
|
|
|
|
|
6) SARA DECKER – “Poetryfied”
Jazz (Deutschland) Erst kürzlich ließ sich die Singer-/Songwriterin Dota von der Dichtkunst von Mascha Kaléko inspirieren, jetzt findet sich ihre großartige Poesie auch in einem Jazzalbum: Sara Decker, gerade von ihrem mehrjährigen Aufenthalt aus New York zurückgekehrt und noch etwas heimatlos, halfen Kalékos Gedichte, „wieder in meiner Sprache zu singen“. Auch „Der Panther“, „Nenn ich dich Aufgang oder Untergang“ und „Du musst das Leben nicht verstehen“ von Rainer Maria Rilke sowie englischsprachige Texte u.a. von Emily Dickinson gehören zu den Texten, die die preisgekrönte Jazzsängerin geprägt haben und für die sie auf ihrem neuen Album „Poetryfied“ Musik komponiert hat. Die Suche nach einem Zuhause in der „Fremde“, das umtriebige Leben als Musikerin, die Sehnsucht nach Heimat, einem „sicheren Hafen“, das Weggehen und Ankommen – diese Themen hat sie in ihr Album gewebt. Ihre feinfühlige neue Kölner Band (Billy Test/p, Nicolai Amrehn/b, Jeroen Truyen/dr) hüllt Deckers weiche Stimme ein, solistische Ausflüge von Heidi Bayer am Flügelhorn oder Jeroen Truyen am Schlagzeug setzen herausragende Akzente. Eine jazzige Coverversion von „Teardrop“ von Massive Attack beschließt das Album. VÖ: 04.09.2020 | AMC Records | 9 Tracks | Infos
|
|
|
|
|
|
|
WEITERE REVIEWS AUF MELODIVA
Frisch, energetisch und trotz Americana-Wurzeln völlig eigenständig findet unsere Autorin Fee Kuhn die 2. Veröffentlichung von LARKIN POE aus Atlanta „Self Made Man“ +++ Die britische Musikerin NADINE SHAH ist eine Storytellerin par excellence – nur allzu gemütlich macht sie es uns in ihrer Küche nicht, schreibt Christina Mohr über ihr viertes Album „Kitchen Sink“ +++ Die Besonderheit des Albums „Nayda!“ der Band BAB L‘BLUZ beschreibt Stefanie Zimmermann für uns: sie liegt nicht nur in der kreativen Verschmelzung von marokkanischer Berber- mit mauretanischer Hassani-Musik, sondern auch in der selbstbewussten Aneignung des bisher männlich dominierten Gnawa-Gesangs +++ Mane Stelzer hat sich in das Debütalbum der Wiener "Supergroup" MY UGLY CLEMENTINE verliebt und befindet, es sei ein grandioses Grunge-Postpunk-Indierockalbum
|
|
|
|
|
|
|
Auf MELODIVA findet Ihr weitere CD-Reviews sowie Infos, Reports und Konzert- und Workshoptermine.
Wenn Ihr Tipps & Infos für den nächsten Monat habt, meldet Euch wie immer bei uns unter musik@melodiva.de!
Wer diesen Newsletter trotz seines überaus informativen, sorgfältig recherchierten und interessanten Gehalts in Zukunft lieber nicht mehr bekommen möchte, kann sich hier austragen. Viel Spaß beim Lesen wünschen Euch Eure Melodivas:
Hildegard Bernasconi, Maria Bätzing, Marie Koppel & Mane Stelzer und
die Vorstandsfrauen: Gabi Rummel, Katrin Zurborg und Uta Wagner.
Copyright – http://www.frauenmusikbuero.de,
http://www.melodiva.de
fon: +49 (0)69-4960-848
IMPRESSUM: FRAUEN MUSIK BÜRO,
ein Projekt des Trägervereins: Frauen machen Musik e.V.,
Roßdorferstr. 24, 60385 Frankfurt, Vereinsregister Frankfurt Nr.: 9878
|
|
|
|