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Liebe Melodiven, Freund*innen & Musikinteressierte,

hier bin ich wieder mit einer kleinen Auswahl sehr schöner, frisch veröffentlichter Musik. Sie möge euch die grauen Novembertage versüßen, zum Entspannen einladen, zum Nachdenken anregen und dazu motivieren, euch für die Dinge einzusetzen, die euch wichtig sind.

Das könnte z.B. sein, deinen Lieblingsclub oder deine Lieblingsband zu unterstützen, in dem du ein Konzert besuchst und dir dein Ticket frühzeitig im Vorverkauf besorgst. Das schafft Planungssicherheit und gute Nerven bei allen Beteiligten. Denn viele kleinere Musikclubs kämpfen wegen steigender Kosten und schleppender Ticketvorverkäufe ums Überleben. Die Konsequenz ist, dass Konzerte abgesagt werden und viele Künstler*innen weniger Auftritte und Einnahmen haben. Und letztlich geht die Vielfalt der Livemusikszene langsam, aber sicher flöten und damit auch der Nachwuchs - denn kleinere Venues sind die Bühnen der Stars von morgen...

Im November könnt ihr z.B. ein besonderes Klaviertrio erleben: Die Musikerinnen Karla Haltenwanger (p), Birgit Erz (v) und Ilona Kindt (vc) des BOULANGER TRIOS präsentieren auf ihrem 12. Album "Who's Afraid Of...?" ausschließlich von Frauen komponierte Musik. Das Trio würdigt damit Künstlerinnen aus 450 Jahren Musikgeschichte mit einer feinsinnigen Hommage, die einen Bogen von Vittoria Aleotti über Fanny Hensel zu Barbara und Alicia Keys umspannt. Wir verlosen ein Exemplar unter allen, die uns bis 24.11. per Mail die Antwort auf folgende Frage schicken: "Mit welchem Tuning-System lassen sich arabische Skalen und Mikro-Töne auf dem Flügel spielen?". Die Antwort findet ihr wie immer in unseren CD-Tipps. Vergesst nicht, eure Postadresse anzugeben.

Viel Spaß mit der Musik und bleibt gesund,

Eure Mane & das MELODIVA Team

 
 
THEMEN-AUSGABE NOVEMBER 2024

1) EVA KLESSE QUARTETT – „Stimmen“
(Jazz)
2) SALOMEA
– “Good Life”

(R'n'B | Neo Soul | Jazz)
3) SILKROAD ENSEMBLE
– „American Railroad“
(Folk | Blues)

4) WISHAMALII – „Al-Bahr“
(World)
5) PAULINE RÉAGE – „Gentle Destruction“
(Jazz)
6)
MAURA – „Mother Of Chaos“
(Neo Soul | Pop | Jazz | HipHop)

 
 
 
 
 
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1) EVA KLESSE QUARTETT – „Stimmen“

Jazz (Deutschland)

Ein Album genau zur richtigen Zeit. Während sich in unserer Gesellschaft immer mehr Apathie breitmacht, schickt das Eva Klesse Quartett mit „Stimmen“ eine hoffnungsvolle Botschaft in die Welt: Der Kampf für eine lebenswerte Zukunft lohnt sich! Das Album ist wie ein musikalischer Essay in Kapitel gegliedert, die je von einem Bandmitglied komponiert wurden. „Wir haben uns auf die Suche nach Geschichten gemacht, (...)von denen wir das Gefühl hatten, sie drohten in der Flut von Informationen über die Pandemie unterzugehen. Alle diese Geschichten erzählen von politischer Teilhabe, von Revolutionen, von Protest, von Versuchen, Diskriminierung zu überwinden“, heißt es im Booklet. Das sind Texte von mutigen russischen Feministinnen, Kämpfer*innen für Freiheit und die Rechte von Frauen und LGBTQ*, die sie mit den Sänger*innen Michael Schiefel und Zuza Jasinska sowie dem Pianist/Sound-Designer Philipp Rumsch in 13 eindrücklichen Stücken in Szene gesetzt haben. Das ist manchmal beklemmend, weil nichts beschönigt und menschlicher Irr- und Wahnsinn angeprangert wird, will aber mehr als anzuklagen: „Wir wünschen uns, dass Zuhörer*innen zu berührten Zeug*innen werden – Zeug*innen einer Welt, in der jenseits aller Probleme und Grausamkeiten überall Menschen dafür kämpfen, dass es besser wird, und damit Hoffnung machen. Möge das die Impfung gegen die Hoffnungslosigkeit sein“. Das Album weist am Ende mit „You cannot be what you cannot see“ auf die Wichtigkeit von Role Models für Mädchen* hin - ein wichtiges Thema für Eva Klesse, die als eine von erst drei Instrumentalprofessorinnen einen Lehrstuhl in Deutschland innehat.

VÖ: 01.11.2024 | Enja | 13 Tracks | Infos 

 
 
 
 
 
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2) SALOMEA – “Good Life”

R'n'B | Neo | Soul | Jazz (Deutschland)

Im neuen, dritten Album “Good Life” von SALOMEA entwerfen die Kölner Künstlerin Rebekka Salomea Ziegler und ihre energetische Band eine Utopie vom “guten” Leben:  Betrachte dich selbst hin und wieder als dein eigenes Kind. Löse dich von hetero-normativen Narrativen. Tanze aus der Reihe. Tu alles mit voller Überzeugung. Erlaube dir, glücklich zu sein und nach Freude und Erholung zu suchen – auch, wenn du dich gelähmt und machtlos fühlst. Nimm nichts, was du hast, als selbstverständlich. Tu, was du selbst für richtig findest, egal, was andere sagen oder denken. Die Botschaften von Hoffnung, Trost, Selbstermächtigung und Heilung packen sie ein in einen unwiderstehlichen Mix aus R’n’B, Hip-Hop-Vibes, Neo Soul und Jazz und einem mächtigen, basslastigen Sound, den ihr unbedingt mit Kopfhörer oder auf einer Tanzfläche hören solltet. In ihren 17 Songs verarbeitet die Sängerin ihre eigene multi-ethnische Identität, den Tod ihrer Mutter, Traumata, Einsamkeit, queere Fantasien und Verlustängste. Mit dem intimen „Home“ endet das grandiose Album. 2018 erreichten sie das Finale des Neuen Deutschen Jazzpreises; es würde mich nicht wundern, wenn "Good Life" einige Preise abräumt.

VÖ: 18.10.2024 | Papercup Records | 17 Tracks | Infos

 
 
 
 
 
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3) SILKROAD ENSEMBLE WITH RHIANNON GIDDENS – „American Railroad“

Folk | Blues (USA)

„American Railroad“ ist ein wunderbares Folk- & Bluesmusik-Album, das zu einem auf mehrere Jahre angelegten Musik- und Erzählprojekt gehört. Dahinter steht das Silkroad Ensemble, das ehemals von Yo-Yo Ma ins Leben gerufen wurde und seit 2020 von der Musikerin Rhiannon Giddens (Vocals/Banjo) als künstlerische Leiterin vorangetrieben wird. „American Railroad“ taucht tief in die Historie der US-amerikanischen Eisenbahn ein und bringt die unerzählten Geschichten der Transcontinental Railroad ins kollektive Gedächtnis zurück: von brutaler Enteignung der Native Americans, der harten Arbeit der Arbeitsimmigrant*innen, Hoffnung und Aufbegehren der Sklav*innen. Zum Projekt gehört auch eine von Giddens moderierte Podcast-Serie, in der Historiker*innen, Musiker*innen, Nachfahren von Eisenbahnarbeiter*innen und Mitglieder der Standing Rock Sioux zu Wort kommen. Das Album präsentiert Auftragswerke von Cécile McLorin Salvant, Wu Man, u.a., neue Arrangements von von Schwarzen geschriebenen Folksongs sowie eigene Kompositionen. In dem Soundtrack spielen Banjo und die chinesische Schalenhalslaute Pipa im Duett („Rainy Day“), es sind tolle Instrumentals mit Percussion- und Tablasoli und wunderschöne Streichquartette zu hören, japanische Chöre („Tamping Song“) und Gospels („O Shout!“), ein grandioses Stück der indigenen Bluesmusikerin Pur Fé (Lap-Steel-Gitarre/Vocals) u.v.m. Sehr empfehlenswert!

VÖ; 15.11.2024 | Nonsuch Records | 13 Tracks | Infos

 
 
 
 
 
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4) WISHAMALII – „Al-Bahr“

World (Finnland)

Auf ihrem auf Nordic Notes erschienenen Debüt „Al-Bahr“ (Das Meer) interpretiert die Band Wishamalii traditionelle arabisch-andalusische Vokalmusik neu. Zum Trio gehören drei in Finnland ansässige Künstler*innen: die palästinensisch-jordanische Sängerin, Oud-Virtuosin und Komponistin Nemat Battah, die als Dozentin an der Abteilung für globale Musik an der renommierten Sibelius-Akademie in Helsinki tätig war, der finnische Komponist und Pianist Kari Ikonen und der in Äthiopien geborene, in Finnland bekannte Percussionist Abdissa Assefa. Die Songs handeln von Krieg und Vertreibung und der Sehnsucht nach Frieden. „Who can take me back to the homeland, to the doorsteps of our house (…) Leave me on the doorsteps of our house, plant me in its earth“, heißt es in der Übersetzung von "Impressions Of Deir Al-Balah". Der von Ikonen komponierte Titeltrack mit einem Text des jordanischen Musikers Ra’ad Al-Zaben handelt vom Mittelmeer, das zum Grab von Geflüchteten geworden ist. Die Musik besticht durch komplexe Rhythmen und verschachtelte Melodien. Sehr besonders ist das selbst erfundene „Maqiano Microtuning System“, das es dem Pianisten erlaubt, arabische Skalen und Mikro-Töne auf dem Flügel zu spielen, also Melodien, die über das westliche 12-Noten-System hinausgehen.  Dazu kommen Battahs sehnsüchtiger Gesang, Oud, Santur und Percussion sowie warme Moog-Bässe. Eine sehr besondere Musik und ein tolles Statement für Frieden.

VÖ: 04.10.2024 | Nordic Notes | 8 Tracks | Infos

 
 
 
 
 
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5) PAULINE RÉAGE – „Gentle Destruction“

Jazz (Deutschland)

Was wie der Name einer Chansonnière klingt, ist in Wahrheit ein Leipziger Quintett, das mit „Gentle Destruction“ die Jazzlandschaft aufwirbelt. Hinter dem Bandprojekt steht die Sängerin und Komponistin Anna Munka, die ein Powertrio um sich geschart hat: die Pianistin Olga Reznichenko, Robert Lucaciu (b) sowie Maximilian Breu (dr). Munka hat sich in den letzten Jahren mit Jazz & Lyrik-Projekten einen Namen gemacht, sie nutzt „Lyrik, O-Töne und manchmal sogar wissenschaftliche Texte, um Jazzgesang in einen relevanten Kontext zu setzen“. Sie sieht den Jazz in der Verantwortung, Veränderungen anzutreiben und setzt sich mit Selbstfürsorge, gesellschaftlichen Erwartungen, den Problemen unserer Zeit und dem Menschsein an sich auseinander. Ihre gesungenen und gesprochenen Texte kleidet sie in eine expressiv-explosive Musik, die die verschiedensten Backgrounds der vier ausdrucksstarken Musiker*innen widerspiegelt - von A Cappella über Noise und Metal zu Indiepop und natürlich Jazz. Es ist eine spannende Schau nach innen und außen, die mit Nachsicht auf die Fehler der Menschen schaut und für Selbstbehauptung und Empowerment eintritt: „I will take my rage and use it for love“. Mein Favorit: „The Lock“, das sich durch gemeinschaftliche Stimmpower zu einem chorischen Höhepunkt emporhebt. Wow!

VÖ: 18.10.2024 | Boomslang Records/Galileo MC | 12 Tracks | Infos  

 
 
 
 
 
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6) MAURA – „Mother Of Chaos“

Neo Soul | Jazz | Pop | HipHop (Deutschland)

Maura ist eine Berliner Sängerin und Songschreiberin, die mit „Mother Of Chaos“ ihr Debüt-Soloalbum veröffentlicht. In ihren turbulenten Teenie-Zeiten war „Mother of Chaos“ ihr Spitzname, heute ist es Künstlername und Albumtitel zugleich. Aus einer polnischen Arbeiterfamilie stammend, hatte sie keine formale musikalische Ausbildung, fand aber mit dem Hören von Underground-Rap, Jazz, Soul, Pop und experimenteller Musik den Weg zur eigenen Musikkarriere. Nachdem sie mit Fred Red und Malik Diao das Album „Grimus“ veröffentlicht hat und auf großen Bühnen spielte, macht sie sich nun auf den Weg, ihre ganz eigenen Erzählungen zu finden. Im Tandem mit der Produzentin und Pianistin Mya Audrey nähert sie sich in ihren acht Songs dem Umgang mit Unglück, Altern, zerplatzten Träumen und den existenziellen Krisen unserer modernen, kapitalistischen Zeit.  Da ist „Thin Ice“ unter Beteiligung des Querflötistin Malik Diao, das träumerische Liebeslied für ihre Freund*innen („Love Language“), 70er Vibes auf „Love Outgrown“, „Odysseus“ mit Rap-Einlagen und mehr. Ein starkes Debüt.

VÖ: 25.10.2024 | Phlegmatic Records | 8 Tracks | Infos

 
 
 
 
 

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