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Liebe Melodiven, Freund*innen & Musikinteressierte,
hier ist wieder eine kleine Auswahl der wahnsinnig vielen Veröffentlichungen der letzten Wochen, die mir am besten gefallen haben. Ich hoffe, es ist auch die eine oder andere tolle Entdeckung für euch dabei...
Viel Spaß mit der Musik!
Habt noch einen schönen Mai,
viele Grüße von Mane & dem MELODIVA Team
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THEMEN-AUSGABE MAI 2024
1) NICHTSEATTLE – „Haus“ (Folk | Indie) 2) FLUX – „Roots & Rhyzomes“ (Jazz) 3) 6HUNESSEQ – „Ma Olen Maa Peal võõras“ (Folk) 4) CHANTAL ACDA & THE ATLANTIC DRIFTERS – „Silently Held“ (Jazz | Pop) 5) SUE FOLEY – „One Guitar Woman“ (Folk) 6) BRIDGES KAMMERORCHESTER – „Complementarity" (Transkulturelle Musik)
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1) NICHTSEATTLE – „Haus“
Folk | Indie (Deutschland)
Die Berliner Songschreiberin Katharina Kollmann aka Nichtseattle präsentiert ihr drittes Studioalbum „Haus“ mit 12 Songs voller eigenwillig-schöner Poesie, in denen sie uns mitnimmt in die verschiedenen „Behausungen“ eines Lebens. Sie seziert Alltagssituationen und Begegnungen, den ganz normalen Wahnsinn zwischen Hipstern und Gentrifizierung in Berlin, einem Leben im Prekariat bis ins allerkleinste Detail. Fast scheint die Zeit dabei stillzustehen in diesen Beobachtungen. Da ist der eindringliche Song „Frau Sein“, ein fiktiver Dialog mit der Mutter oder Großmutter, der widergibt, was (früher) von Frauen erwartet wurde oder immer noch wird: „Halte einen Mann, aber behalte deinen Stolz | Streng dich ruhig mal an | Sieh zu, dass du nicht immer gleich heulst! | Natürlich tut es weh, aber lass dich nie gehen! | Du wirst dich dran gewöhnen | Will ich nicht, ich will das nicht! | Frau sein, Frau sein“. Durch alle Songs zieht sich eine Sehnsucht nach Verbindung, Solidarität und echten Beziehungen. Ihre starken Lyrics begleitet sie selbst mit interessanten Gitarren-Riffs, dazu gesellt sich eine Band, die sie behutsam an E-Gitarre, Bass, Trompete, Schlagzeug und Backingvocals begleitet. Wer Element of Crime und Alin Coen mag, wird Nichtseattle lieben. VÖ: 12.04.2024 | 12 Tracks | Staatsakt/Bertus | Infos
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2) FLUX – „Roots & Rhyzomes“
Jazz (Deutschland) „Roots & Rhyzomes“ ist das Ergebnis einer dreitägigen Klausur im Kammermusiksaal des Deutschlandfunks, in die sich Christina Fuchs (ss/cl/bcl) und Florian Stadler (acc) im März letzten Jahres zurückgezogen hatten, um etwas gänzlich Neues zu schaffen. Der Name ist Programm: zwei Musiker*innen treffen sich mit ihren musikalischen „Wurzeln“ in einem Raum und verflechten sich miteinander wie "Rhizome" (Sprossachsen): „Das ist immer der Beginn. Dann ist da etwas. Nicht immer direkt spürbar. Eher eine Ahnung. Wie ein Flirren in der Luft. Dann wagt jemand den ersten Schritt. (…) Eine Idee klingt im Raum“, beschreibt Florian Stadler die Arbeitsweise des Duos FLUX, das bereits viele Jahre im Zwiegespräch miteinander ist. Es lässt sich vortrefflich eintauchen in diese dynamischen Begegnungen, in denen sich Fuchs‘ Klänge von Sopransaxofon, Klarinette und Bassklarinette, sogar die geblasene Luft, mit perkussiven Parts und breiten Klangteppichen von Stadlers Akkordeon mischen. Die einzelnen Tracks sind mit Pflanzennamen betitelt – so kommt es einem vor, als säße man auf einer wunderschönen Wiese und lerne nach und nach die dort lebende Flora mit ihren Eigenarten kennen: den sich schlingenden Efeu, den frischen Ingwer, die elegante Iris, die gelassene Lotusblüte, den schnell wachsenden Bambus. Ein tolles Herbarium, das die Vielfalt feiert. VÖ: 19.04.2024 | JazzHausMusik | 14 Tracks | Infos
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3) 6HUNESSEQ – „Ma Olen Maa Peal võõras“
Folk (Estland) Früher spielte die Musik in Estland eine große Rolle, es wurde viel bei Beerdigungen, zu bestimmten Feiertagen oder in leidvollen Situationen musiziert und gesungen, um z.B. himmlischen Beistand zu erbitten. Nach der Erlangung der Unabhängigkeit 1991 kam es zu einer Renaissance der estnischen Volksmusik. Marion Selgall, Greta Liisa Grünberg, Maria Mänd und Kaisa Kuslapuu von der Band 6hunesseq hauchen in ihrem Debüt dem alten Liedgut neues Leben ein. Die vier kamen 2021 zusammen, als sie im Musikstudium ihre gemeinsame Liebe zu traditionellen estnischen Volkschorälen entdeckten. Auf ihrem Album „Ma Olen Maa Peal võõras“ (Als Gast der Erde wandere ich) werden diese alten Choräle mit der in der traditionellen Musik nicht gerade bekannten Pfeifenorgel, der Talharpa (einer Rosshaarharfe), Violine und mehrstimmigem Gesang dargebracht und vermischen sich zu einer meditativen, ausdrucksstarken Klangwelt. Die eher harten Klänge der Streichinstrumente finden im sanften Klang der Orgel einen Widerpart, dazu kommen der wunderbare, mehrstimmige Gesang in der für unsere Ohren so lautmalerischen, estnischen Sprache. Der Soundtrack hält so einige Gänsehautmomente bereit. Ein Highlight sind für mich die vier interessant arrangierten Runo-Songs (Anspieltipp: „A Small Village“), die einer 2000 Jahre alten Tradition entstammen. VÖ: 10.05.2024 | Nordic Notes | 9 Tracks | Infos
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4) CHANTAL ACDA & THE ATLANTIC DRIFTERS – „Silently Held“
Jazz | Pop (Belgien) Auf ihrem neuen Album "Silently Held" zeigt die Singer-/Songwriterin Chantal Acda eine bisher eher verborgene "dunkle" Seite, ihre Zweifel, Fragilität, Brüche und Makel: „I felt the need to embrace all of us. Embrace all of me. To find peace in letting it all in“, schreibt sie. Vorangegangen war eine kummervolle Phase ihres Lebens, in der sie sich sehr zerbrechlich und unsicher fühlte. Um diese vulnerable Seite in ihrer Musik zeigen zu können, scharte die in den Niederlanden geborene Künstlerin gefühlvolle Musiker wie den Gitarristen Bill Frisell oder Shahzad Ismaily um sich; Musiker, die ohne Ego agieren, denen sie ihr Herz anvertrauen und mit denen sie sich sicher fühlen konnte. Alle Musiker bekamen die Songs erst im Studio zu hören. Die Studioaufnahmen wurden so zu „adventures that leave room for fragility, doubt and the invisible, that invite us to trust each other and see what happens when we connect“, begeistert sich der Pianist Jozef Dumoulin. Fast alles auf der Platte wurde als First Takes aufgenommen, es wurden keine Bearbeitungen vorgenommen. Lediglich die Bläser wurden nachträglich hinzugefügt. „Ich wollte nicht, dass es perfekt ist. Ich wollte, dass es echt ist“, sagt Acda in einem Interview. Die Songs strahlen eine tiefe Intensität und Ruhe aus, die Instrumente hüllen Acdas flirrende Stimme ein wie in eine warme, schützende Umarmung. Eine Musik zum Durchatmen und Runterkommen. VÖ: 03.05.2024 | Challenge Records | 9 Tracks | Infos
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5) SUE FOLEY – „One Guitar Woman“
Folk (Kanada) Einen Streifzug in die Geschichte der Pionierinnen an der Gitarre schenkt uns die kanadische Musikerin Sue Foley auf ihrem neuen Album „One Guitar Woman“. Sie habe immer nach weiblichen Vorbildern gesucht, seit sie als professionelle Gitarristin arbeitet, sagt Foley über ihr neues Album, auf dem sie den Musikerinnen, die sie in ihrer Karriere inspiriert haben, ein Denkmal setzt. Foley ist eine versierte Folk- und Bluesmusikerin, die bereits viele Preise gewonnen hat (Blues Foundation Traditional Female Artist Award, Austin Music Award als Gitarristin des Jahres 2023, Lifetime Achievement Maple Blues Award 2024 u.v.m.). Um die 12 Songs des neuen Albums präsentieren zu können, erweitert sie ihren Blues-Style und ihre immense Fingerfertigkeit und macht Ausflüge in traditionellen Country, verschiedene Fingerpicking-Styles, Flamenco oder Klassik, was den Soundtrack zu einem abwechslungsreichen Vergnügen macht. Mit kraftvoller Stimme trägt sie die Lyrics ihrer Kolleginnen über Heimweh, Liebeskummer, Armut und Krieg vor. Im Booklet bringt sie uns die Lebensgeschichten von bekannten Musikerinnen wie Memphis Minnie, Maybelle Carter oder Sister Rosetta Tharpe näher, aber auch jene, die uns allen wahrscheinlich nicht so präsent sind. VÖ: 28.03.2024 | Stony Plain | 12 Tracks | Infos
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6) BRIDGES KAMMERORCHESTER – „Complementarity"
Transkulturelle Musik
Im Frankfurter Bridges Kammerorchester haben 25 freiberufliche Musiker*innen aus fünfzehn verschiedenen Ländern - teils mit Fluchterfahrungen - eine Heimat gefunden, wo sie sich als Expert*innen für arabische, persische und europäische Klassik, Jazz, zeitgenössische Musik, osteuropäische Folklore und diverse zentralasiatische und lateinamerikanische Musiktraditionen einbringen. Das 2019 von der Flötistin Johanna-Leonore Dahlhoff gegründete transkulturelle Orchester ist damit einzigartig in seiner Diversität. Auf ihrem zweiten Album "Complementarity", das bereits für den Preis der Deutschen Schallplattenkritik nominiert wurde, präsentieren sie diesen beeindruckenen Reichtum in 13 Kompositionen. "Alle Kompositionen sind eindeutig in einer Tradition verwurzelt und sehr biographisch geprägt. Während der Proben begegnen sich die vielen Klangkulturen und befruchten sich gegenseitig - und in diesem Dialog liegt der unsichtbare Faden unserer Musik", sagt Harish Shankar, der neben Bar Avni für das Dirigat zuständig ist. Das dreiteilige Concertino von Johanna-Leonore Dahlhoff führt spannungsgeladen in die tolle Klangfülle ein, weitere Stücke stammen von der iranischen Santurspielerin Atefeh Einali, der Klarinettistin Dana Barak u.v.w. Atemberaubende Solopassagen, ein wunderbarer Klangkörper und die immense Vielfalt der Musikkulturen machen das Album zu einem grandiosen Gesamtkunstwerk.
VÖ: 02.03.2024 | 13 Tracks | Infos
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