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Liebe Melodiven, Freund*innen & Musikinteressierte,

der Corona-Lockdown hat die Musikszene auf absehbare Zeit im Griff und der Genuss von Livemusik bleibt in den Sommermonaten eine schwierige Angelegenheit. Die meisten Konzerte wurden vorsorglich abgesagt und die Bands haben kaum eine Möglichkeit, sich momentan ihren Lebensunterhalt zu verdienen und ihre zum Teil brandneuen Songs vor Publikum zu präsentieren. Dabei zeigt unsere Juni-Auswahl einmal mehr: Musikerinnen* haben so viel zu "sagen" und sollten unbedingt gehört werden! Umso wichtiger sind jetzt die Musikkonserven. Wir legen Euch ans Herz: sorgt mit CD-Käufen und Euren Downloads dafür, dass Eure Lieblingsbands den Lockdown überstehen. Und auch nette Kommentare, Likes & Co. machen Mut und spenden Trost.

Unsere Juni-Verlosung ist nicht nur was für Jazzfreund*innen: Mit "My Wonderland" verspricht die österreichische Sängerin SIMONE KOPMAJER ein stimmungsvolles und abwechslungsreiches Hörerlebnis in die Gefilde des Jazz, Latin, Soul und Pop. Wir verlosen ihre CD unter allen die uns bis 21.06.2020 die folgende Gewinnspielfrage beantworten: "Wessen Songs interpretieren Rachelle Garniez, Amanda Homi und Terry Radigan mit ihrem gemeinsamen ersten Album?" Die Antwort findet ihr in unseren CD-Tipps. Vergesst nicht den Betreff "Verlosung" und eure Postadresse!

Alles Liebe & liebe Grüße von

Eurem MELODIVA-Redaktionsteam

 
 
THEMEN – AUSGABE JUNI/JULI 2020

1) VICKI KRISTINA BARCELONA – „Pawn Shop Radio“
(Americana)
2) ELEN – "Blind über Rot"
(Pop)
3) AMPARO SÁNCHEZ – “La Niña y el Lobo"
(World)
4) ALEXA RODRIAN
– “One Hour To Midnight”
(Jazz
5) BAD COP / BAD COP – „The Ride”
(Punk | Rock)
+++ WEITERE REVIEWS AUF MELODIVA/MELODITA +++

 
 
 
 
 
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1) VICKI KRISTINA BARCELONA – „Pawn Shop Radio“

Americana (USA)

Als die gebürtige New Yorkerin Rachelle Garniez mit ihrer Formation Vicki Kristina Barcelona ein Tom Waits-Album ankündigte, war ich sofort neugierig: einen „weiblichen Kumpel-Road-Trip durch Amerika“, der die Verletztlichkeit und Schönheit der Waits'schen Figuren enthülle, versprach der Promotext. Es sind die Beat-Poeten, Eisenbahn-Hobos, schlampige Betrunkene, hoffnungsvolle Romantiker, die er mit rauer Stimme besungen hat. Was aber wird daraus in der Bearbeitung des Trios? Alle drei – die Multiinstrumentalistin Garniez, die Britin Amanda Homi (Percussion) und Terry Radigan (Gitarre) – sind eigenständige Singer-/Songwriterinnen, die sich seit 2017 in der New Yorker Szene einen gemeinsamen Namen gemacht haben. Waits‘ Songs werden von ihnen einer leichtfüßigen und dennoch stimmigen Neuinterpretation unterzogen, die sich um sein Image des melancholischen Trunkenbolds nicht schert. Gleich der Opener verweist auf die Girl-Groups der 60er, das nachfolgende „Jersey Girl“ strotzt vor Samstagabend-Lebensfreude. Eines meiner Lieblingslieder von ihm, das großartige „Tango Till They’re Sore“, verströmt einen Hauch von Zirkusluft. „I Don’t Wanna Grow Up“ gehört bestimmt zu den Highlights ihrer Konzerte, weil es einfach überschäumend gute Laune macht. Das typische Americana-Instrumentarium aus Akkordeon, Banjo, Kalimba, Waschbrett, allerlei „geschüttelt und gerührte“ Dinge, ein gekonnter Mix aus Zydeco, Cajun, Soul, Blues, Kirmes und Folk und nicht zuletzt ihre dreistimmiger Gesang machen „Pawn Shop Radio“ zu einem mitreißenden Vergnügen. Tom Waits tritt nicht mehr öffentlich auf, Vicki Kristina Barcelona aber zum Glück schon (eine Tour ist für Oktober geplant)!

VÖ: 29.05.2020 | Jaro Medien | 10 Tracks | Infos

 
 
 
 
 
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2) ELEN – "Blind über Rot"

Pop (Deutschland)

Wer einmal ihre Ode an das Liegenbleiben gehört hat („Liegen ist Frieden“), wird den Song nicht zuletzt wegen seiner Ohrwurmqualitäten nicht so schnell los. Wer kann dieses Gefühl nicht nachempfinden? Dabei ist es gar nicht so einfach, sich so treffend und dennoch ohne Plattitüden auszudrücken, eine Sprache und Bilder zu finden, die sofort verstanden werden oder gar berühren. Elen kann genau das. Sie hat als Berliner Straßenmusikerin angefangen, mittlerweile lebt die 30Jährige mit ihrem Partner auf einem Bauernhof in Brandenburg (und lässt ihre Fangemeinde virtuell teilhaben an ihrem Leben inmitten von vielen Tieren). „Blind über Rot“ ist ihr zweites, aber erst das erste deutschsprachige Album, das sie mit Band eingespielt hat. Ihre 12 Songs klingen aus dem Bauch heraus und auf den Punkt, poppig, aber mit tiefem Grund. Es sind kluge und ehrliche Lebensbetrachtungen, die sie mit ihrer unverwechselbaren Stimme erzählt. Da erklingt eine tiefe Sehnsucht, endlich wieder was richtig spüren und sich berühren zu lassen („Hallo“) oder sich in kindlichen Luftschlössern verlieren zu können. Es sind passende Songs für diese Zeit, wo wir uns durch Corona wieder mehr auf uns besinnen könnten, aber die Ablenkung durch das Virtuelle oft genau das verhindert. Ob es am Plattenvertrag mit dem Rocklabel Vertigo Records/Universal liegt, dass die Songs in meinen Ohren arg radiotauglich gestrickt wirken und bei den Arrangements zu wenig Überraschendes (ruhige Strophen, wuchtige Refrains) bieten, kann ich nur vermuten. Vielleicht wäre weniger mehr gewesen.

VÖ: 19.06.2020 | Vertigo Records | 12 Tracks | Infos

 
 
 
 
 
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3) AMPARO SÁNCHEZ – “La Niña y el Lobo"

World (Spanien)

"Das Mädchen und der Wolf" heißt der Titel des vierten Soloalbums der spanischen Künstlerin Amparo Sánchez ins Deutsche übersetzt. Es ist der Soundtrack ihrer Kindheit und bewegten Jugend im Granada der Post-Franco-Zeit. Die Geschichte eines jungen Mädchens, das sich in einen acht Jahre älteren Mann verliebt, schwanger wird und in den Folgejahren unter häuslicher Gewalt leidet. Sánchez schaffte es erst nach vielen Jahren, sich von ihm zu trennen und mit ihrem Sohn in Madrid ein neues Leben anzufangen. 1996 lernte sie Manu Chao kennen und ihre Karriere mit der Band Amparanoia begann. Erst 2012 konnte sie erstmals mit einer Freundin über ihre Erlebnisse sprechen, 2014 in einer Autobiographie darüber schreiben. Heute engagiert sie sich in NGOs für Frauen in ähnlichen Situationen und ermutigt und unterstützt sie. Das Album ist wie eine musikalische Blaupause des Buches, es erzählt von Stationen ihres Lebens, von Beziehungsanfängen, die schon das nahende Ende andeuten, von der Schwierigkeit, aus einem bestimmten Leben auszubrechen, aber auch von schönen Kindheitserinnerungen. Dafür hat sie sich in neun Tracks Material von (Rock-)Bands wie Mano Negras, Los Lobos oder Radio Futura ausgeliehen, aber auch Violeta Parra ist mit „Gracias a la Vida“ vertreten; nur „Veneno“ stammt von Sánchez selbst. Mit ihrer rauchigen Stimme geht sie ganz in diesen Geschichten auf und lässt sich dabei von ihren zwei brillanten Flamenco-Gitarren-Kollegen Víctor Iniesta Iglesias und Eduardo Espín Pacheco begleiten.

VÖ: 26.06.2020 | Mamita Records/Galileo MC | 10 Tracks | Infos

 
 
 
 
 
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4) ALEXA RODRIAN – “One Hour To Midnight”

Jazz (Deutschland)

Zu 13 ausdrucksstarken Duetten hat sich die Berliner Sängerin Alexa Rodrian mit verschiedenen Musikerkolleg*innen in der Kirche Zum Guten Hirten getroffen, um ihre neuste Platte aufzunehmen – ihre temperamentvolle Stimme und jeweils ein Soloinstrument treten dabei in eine Interaktion. Rodrian hat dafür acht Songs selbst geschrieben, aber auch Whitney Houstons „I Wanna Dance With Somebody“ (mit Vibraphon), „House Of The Rising Sun“ (mit Posaune) und weitere Stücke von anderen überraschend neuinterpretiert. Die Songcollection beginnt mit dem knackigen Opener „Strange Fruit“ als Duo mit dem Schlagzeug/Bass von Florian Holoubek, gefolgt vom schönen „Mörtels Songs“, zu dem die Harfinistin Julia Becker spielt. Eingängiges Highlight ist sicherlich das Titellied; die female empowerment-Hymne bekommt mit dem von Noah Hoffeld aus New York City via Datentransfer übermittelten Cellospiel eine geniale Musicalnote. Auch Konstantin Weckers „Ich liebe diese Hure“, das sie ins Englische übersetzt hat und zur Bassklarinette (Lars Zander) singt, und „Back Up The Hill“ mit dem Bassistin Sven Faller (Le Bang Bang) passen auf eine Theaterbühne.  Wunderschön finde ich die zarten und innigen Duette mit ihrem Mann, dem Gitarristen Jens Fischer Rodrian, aber auch „Same Old“ mit Doro Gehr am Flügel, in dem sie liebevoll die Eigenheiten alter Ehepaare besingt. Das CD-Releasekonzert findet voraussichtlich am 25.06.2020 als Livestream aus der Kirche, wo die Aufnahmen entstanden sind, statt. Übrigens: Wer Rodrians neue CD kauft, unterstützt zu 20% auch die entwicklungspolitische NGO Viva con Agua de St. Pauli e.V.!

VÖ: 26.06.2020 | Enja | 13 Tracks | Infos

 
 
 
 
 
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5) BAD COP / BAD COP – „The Ride”

Punk | Rock (USA)

Die kalifornische all female Band Bad Cop/Bad Cop kann dieser Tage sicherlich allein schon aufgrund ihres Bandnamens auf hohe Aufmerksamkeit zählen. Ihr neues Album ist aber auch ein Reinhören unbedingt wert, denn die vier nehmen uns auf ihrem wilden Trip mit ins achtsame Amerika. 2011 gegründet, besteht die Punkrock-Band aus Stacey Dee (Gesang/Gitarre), Myra Gallerza (Schlagzeug), Jennie Cotterill (Gesang/Gitarre) und Linh Lhe (Bass/Gesang). Ihre erste LP “Warriors” war kurz nach der Präsidentschaftswahl 2017 erschienen und die Band stand noch unter Schock. „The Ride” geht nun einen Schritt weiter und setzt ein klares politisches Statement: “I am trying to move past ‘reaction’ into productive ‘response”, erklärt Jennie Cotterill. Vertrauen, Dankbarkeit und Mitgefühl, vor allem aber Liebe zu dir selbst und bei sich selbst anzufangen bevor man andere kritisiert - das sind die Werte, die einen im Amerika 2020 zur/zum Querdenker*in machen, die die vier aber umso lust- und kraftvoller von der Bühne aus verbreiten. In “Certain Kind Of Monster” und “Pursuit Of Liberty” kritisiert Linh Lhe, eine gebürtige Vietnamesin, die derzeitige Einwanderungspolitik. Aber auch persönliche Krisen sind in die Musik eingewoben, Stacey Dee musste 2018 mit einer Brustkrebserkrankung und Medikamentenabhängigkeit fertigwerden und verarbeitet das in „Breastless“. Die Botschaft der vier kommt mit ordentlich Dampf und enormer (dreistimmiger) Stimmgewalt rüber. Ihr melodischer Punkrock mit antikapitalistischen und feministischen Texten macht gute Laune, motiviert zum Ungehorsam, Mitsingen, Abhotten und Anderssein. Bad Cop/Bad Cop kommen ab Ende Oktober für fünf Termine nach Deutschland, don’t miss!

VÖ: 03.07.2020 | Fat Wreck Chords | 12 Tracks | Infos

 
 
 
 
 
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WEITERE REVIEWS AUF MELODIVA

Auf ihrem vierten Album “Black And White Vol. 1“ singt JULIA BIEL - lediglich von ihrem ausgefeilten Klavierspiel begleitet - von den Facetten des Lebens, von Liebe und Enttäuschung, von Wut und Hoffnungen, besprochen von Marion Möhle +++ Auf ihrem dritten Album „Learn To Drive“ zeichnet die amerikanische Singer-/Songwriterin GEORGIA ENGLISH ein poetisches Bild der ambivalenten Erfahrungen des Erwachsenwerdens, schreibt Stefanie Zimmermann in ihrer Review +++ Die neue Scheibe von VANJA SKY – meist Eigenkompositionen – ist rockiger als der Vorgänger, meint Rezensentin Fee Kuhn, und man hört ihr Faible für ihre Vorbilder heraus: mal ein AC/DC-Riff  bei „Rock’n’Rolla Train“, mal ein Stones-Groove bei „Hard Times“. Außerdem gibt es ein Wiederhören mit Fleetwood Macs „Oh Well“ und dem Über-Abgeher ihres Idols Rory Gallagher, „Shadow Play“

 
 
 
 
 

Auf MELODIVA findet Ihr weitere CD-Reviews sowie Infos, Reports und Konzert- und Workshoptermine.



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Viel Spaß beim Lesen wünschen Euch Eure Melodivas: 
Hildegard Bernasconi, Maria Bätzing, Marie Koppel & Mane Stelzer und 
die Vorstandsfrauen: Gabi Rummel, Katrin Zurborg und Uta Wagner.


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